Enzyklopädie der
Jagdhunde
Ursprung - Geschichte -
Zuchtziele - Eignung und
Verwendung / Hans Räber
Kosmos Verlag, Stuttgart
Erscheinungsdatum: 2007
ISBN: 978-3-440-10910-6
Zitat Seite 362-365
SPINONE ITALIANO -
ENZYKLOPÄDIE DER JAGDHUNDE
URSPRUNG - GESCHICHTE - ZUCHTZIELE -
EIGNUNG UND VERWENDUNG
von Hans Räber
DER NAME
Im 19. Jahrhundert nannten die Jäger in Deutschland die kleinen,
für die Vogeljagd eingesetzten Stöberhunde ganz allgemein
„Spion“. Es ist unklar, woher diese Bezeichnung kam. In
Frankreich kannten die Beizvogeljäger die Bezeichnung
„Habichtshund“, wie wir sie in den alten germanischen
Gesetzessammlungen immer wieder finden, nie. Der Hund hieß
hier „chien d’oyssel“ (Vogelhund), aber auch „espaignolz“ oder
„éspion“.
Nach Flemming (Der vollkommene Teutsche Jäger, 1719 – 1724)
nannten die französischen Jäger die Hunde so, „weil sie alles
entdecken und offenbaren“. Es ist naheliegend, zwischen dem
Rassenamen „Spinone“ und dem deutschen „Spion“ eine enge
Beziehung zu sehen, zumal es sich ja bei beiden um Hunde
handelt, die vorwiegend zu Jagd auf Feldhühner verwendet
wurden und noch werden.
Die Italiener sehen das aber anders. So sagt G. Mentasi (Lo
Spinone, 1987): „Die einen beziehen den Namen auf die Art des
Felles, die anderen bezeichnen damit die Art des Jagdgeländes,
das voller ‚Stacheln‘ ist, oder allgemein voller Hindernisse. Der
Name dieser Hunderasse mit dem harten Fell entstand mit der
Entwicklung der Rasse von selbst. Zuerst hieß der Hund ‚bracco
spinoso‘ (stacheliger bracco), dann ‚bracco spinone‘, bis 1887
Delor ihn nur noch ‚spinone‘ nannte. Der Name ‚Spinone‘ kommt
aus der Lombardei. Auf jeden Fall ist es ein angebrachter Name
für einen Hund mit intelligentem und liebem Ausdruck aber von
jenen Stacheln umgeben, die ihn auch fast mürrisch erscheinen
lassen.“
Der Hund hieß früher nicht überall in Italien Spinone. In der
Toskana hieß er „restone“ oder „spinoso“, in der Campania
„restoso“, in der Romagna „baffo“ und im Piemont „can cravin“.
ZUR GESCHICHTE
Im Louvre in Paris befindet sich ein Bild von Hannibal Caraccis*
auf dem zwei rauhaarige Jagdhunde zu sehen sind, die eine große
Ähnlichkeit mit einem heutigen Spinone haben.
(*Anmerkung: vermutlich meint Räber Annibale Caraccis Werk
„Die Jagd“, entstanden vor 1595)
Hunde dieser Art soll es aber auch in Südtirol, am Gardasee und
im Etschtal gegeben haben. Sie hießen hier „cane da ferma
spinoso“. Sie waren in der Regel weiß-gelb gefleckt oder auch
braun und grau, 48-62 cm hoch und hatten 4-6 cm langes, hartes
Haar.
Die Stammtiere dieser Hunde sollen, wie Baron v. Rauch
Beckmann mitteilte, aus Ichio bei Vicenza gekommen sein, deren
Vorfahren ihrerseits seien von Dalmatien her nach Italien
gebracht worden. Viele dieser Hunde waren Kreuzungen von
Hunden aus Ichio mit glatthaarigen Vorstehhunden; diese
Mischlinge wurden auch „Mezzo spinonso“ genannt. Mit diesen
Hunden wurde nur Federwild gejagt, in den Sümpfen vor allem
Enten und Schnepfen. Die Jäger nannten die Hunde dann „Cane
da palude“ (Sumpfhund). Eine andere Varietät des Spinoso waren
in Venetien die „Lagunenhunde“ und die „Hurlander
Wasserhunde“. Die Hunde aus Vicenza hatten eine angeborene
Stummelrute, andernfalls wurde ihnen die Rute auf eine Länge
von 10-15 cm gekürzt. Nach Baron v. Rauch waren die reinen
Spinoni immer weiß mit gelben Flecken; die weißen Hunde
wurden von den Jägern vorgezogen, weil man der Meinung war,
die seien weniger empfindlich gegen Hitze. Spinoni gab es nicht
nur in Südtirol, sondern auch in Karst und seinen Ausläufern;
man kannte sie in Kärnten, in Krain, in Bosnien und der
Herzegowina. Eine Verwechslung mit den Istrianer Bracken ist
nicht ausgeschlossen.
Die Übergänge von der einen zur anderen Rasse waren durchaus
fließend. Der Brackenkenner Laska, der die Bracken des Balkans
besonders gut kannte, sagte: „Die rauhaarige Istrianer Bracke
verändert sich gegen die italienische Grenze hin allmählich, ihr
Haarkleid wird seidiger, flockiger und pudelhafter, sie geht in den
Spinone über und wird dort zum Vorstehhund, wahrscheinlich
dadurch, dass man sie mit Pudelblut vermischt.“
Beckmann sieht im Spinone die rauhaarige Varietät des Bracco
Italiano. Der Spinone verhält sich zum Bracco wie der
stichelhaarige Deutsche Vorstehhund zum glatthaarigen
Deutschen Vorstehhund. Beckmann stützt sich bei seiner
Meinung wohl auf die Aussage des Jagdschriftstellers
Themistocles Strazza, der sagte: „Bei einem Vergleich der Skelette
des Spinones und des Braccos müssen wir beide als zum gleichen
Stamm gehörig betrachten, denn es finden sich nur wenige und
unbedeutende Unterschiede am Kopfe.“
Der Spinone wurde im 17. Und 18. Jahrhundert häufig aus dem
Piemont nach Frankreich exportiert, wo er kurz Griffon genannt
und häufig mit dem französischen Barbet verkreuzt wurde, so
dass die alte Spinoneform allmählich verloren ging.
Beckmann führt eine Stelle aus einem 1728 erschienen Buch
„Della pesca e della caccia“ an, in welchem der Spinone erwähnt
und kurz beschrieben wird: „Die Haut desselben ist mit einem
borstigen Haar bedeckt, sie sind stark gebaut, breit in den
Schultern, weniger schnell als die Wind- und Meutehunde, aber
mit mehr Mut und Ausdauer begabt. Solche Rassen, welche für
alles zu gebrauchen sind, sollst du züchten. Die weiße und
schwarze Färbung ist nicht gut, die gelbe ist die beste.“
Mégnin (Les Races de Chiens; 1889) glaubt, der Spinone sei aus
einer Kreuzung zwischen Bracken und französischen Barbets
entstanden, vermutlich hätten die Italiener auch alte italienische
Bracken mit Pointern gekreuzt. Ende des 19. Jahrhunderts
unterschied man in Italien noch zwei Spinone-Rassen, eine
langhaarige und eine rauhaarige. Ab Ende des 19. Jahrhunderts
versuchten die Züchter in Italien, die durch die
Griffoneinkreuzungen in die Spinonezucht gekommene zottige
Behaarung und die langen Schnauz- und Knebelbärte wieder zu
eliminieren.
REINZUCHT
Der Spinone ist, soweit man das zurückverfolgen kann, aus einer
Mischung alter, rauhaariger italienischer Vorstehhunde, Istrianer
Bracken, französischer Griffons, Pointer und vielleicht auch alter
Hirtenhunde vom Typ des Maremmenhundes entstanden. Es
wird sogar von einer Mastiffeinkreuzung geredet, was aber eher
unwahrscheinlich sein dürfte. Jedenfalls vereinigt er
verschiedenes Erbgut in sich, und entsprechend schwierig ist es
auch heute noch, einen einheitlichen Typ zu züchten, zumal der
Standard gerade in Bezug auf die Größe dem Züchter einen
relativ großen Spielraum lässt.
Anfang des 19. Jahrhunderts gab es in Italien verschiedene
deutlich voneinander unterscheidbare Spinone-Stämme. Im
Piemont herrschten die braun-weißen vor, aber auch der orange-
weiße „Gravin d`Alba“ war recht häufig. In der Lombardei waren
die braun-weißen und die orange-weißen in gleicher Weise
beliebt, im Veneto schätzte man die grau-braunen Hunde mit
dem weichen Fell, ebenso in der Emilia, der Toscana, Lazio und
Campania. Ob man all diese verschiedenen Typen der gleichen
Rasse zugehörig betrachten kann, ist Ansichtssache.
Ab 1887 wurden verschiedene Standards ausgearbeitet und
immer wieder überarbeitet. Den ersten Standard verfasste im
Jahre 1887 Delor; es folgten dann Standards der „Società
Braccofilia“ (1897), dann Überarbeitungen in den Jahren 1904,
1923,1928, 1933,1936. Diese vielen Umarbeitungen illustrieren,
wie uneinig man sich immer wieder darüber war, wie der ideale
Spinone aussehen sollte.
Der heute gültige Standard wurde von Dr. Solaro im Jahre 1939
verfasst; er wurde 1944 von der ENCI offiziell anerkannt und bei
der FCI deponiert. Solaro formulierte wohl erstmals das
angestrebte Körperformat als ein Rechteck, der gedrungene,
mehr quadratische Körperbau des Bracco wurde für den Spinone
abgelehnt. Saloros Standard verlangt für den Spinone eine derbe
Haut, vergleichbar der Haut eines Rindes; die Form des Kopfes
wird nun genau definiert, das Fell soll rau sein, die angestrebte
Haarlänge 5 cm nicht überschreiten. Mit der Genehmigung des
Standards von Solaro durch die ENCI folgte nun Schritt für Schritt
eine Vereinheitlichung des Typs, doch immer noch wurden von
einzelnen Züchtern Korthals Griffons und Deutsch Drahthaar in
die Spinonzucht eingekreuzt. Die Situation nach dem Zweiten
Weltkrieg war nicht gerade erfreulich. Doch dann erreichten
einige Züchter ein den Jahren zwischen 1950 und 1960
beachtliche Erfolge, dies auch dank der Gründung der „Famiglia
dello spinone“, die von der ENCI anerkannt wurde, ihren Namen
dann aber später in „Club Italiano Spinoni“ umwandelte.
Neben der Verbesserung des Typs, legten die Züchter auch
großen Wert auf die Erhaltung der guten jagdlichen Leistungen.
Der Spinone ist ein vielseitiger und gelehriger Vorstehhund, der
sowohl auf trockenem wie in sumpfigem Gelände ruhig und mit
Ausdauer sucht und neben seinen guten jagdlichen
Eigenschaften auch über einen verlässlichen Wach- und
Schutztrieb verfügt.
Seine Größe schwankt zwischen 60 und 70 cm bei den Rüden und
58 und 65 cm bei den Hündinnen. Die waagerecht oder hängend
getragene Rute wird auf eine Länge von 15-25 cm kupiert. Der
Spinone wird in den Farben Reinweiß, Weiß-orange, Weiß-braun
und auch als Braunschimmel gezüchtet, wobei die weiß-orangen
Hunde an Ausstellungen in der Regel vor den Braunschimmeln
standen. In letzter Zeit haben jedoch letztere deutlich aufgeholt.
In Italien ist die Rasse gut vertreten, außerhalb seiner Heimat ist
der Spinone jedoch kaum bekannt geworden.
Zitiert aus:
Enzyklopädie der Jagdhunde
Ursprung - Geschichte - Zuchtziele - Eignung und Verwendung /
Hans Räber
Kosmos Verlag, Stuttgart
Erscheinungsdatum: 2007
ISBN: 978-3-440-10910-6
Zitat Seite 362-365
© seit 2012 Patrick und Nicole Leupold
SPINONE ITALIANO
Singular: Spinone Italiano - Plural: Spinoni Italiani
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